Der Hase und der Mensch

Ein Mann hatte sein Feld beackert, darauf Hirse und in jeder Mitte Erdnüsse gepflanzt. Da kam ein Hase wiederholt und frass. Der Mann überlegte und sagte:
"Ich will eine Schlagfalle aufstellen!"

Als er sie aufgestellt hatte, ging er fort. Darauf kam der Hase zum Felde, sang und sagte:
"Er stellt eine Schlagfalle auf, weil er denkt, ich sei eine Maus, ich will sie ausreissen und vernichten."

Als er gesungen hatte, riss er die Falle ein und warf sie fort. Alsdann ging er in den Garten, sang und sagte:"
Ich, Nacitangala, will fressen."

Als er gefressen hatte, ging er weg. Am nächsten Morgen kam der Mann und fand, dass der Hase seine Falle eingerissen und weggeworfen hatte. Da stellte er eine Strickfalle auf.

Doch der Hase kam wieder, sang und sagte:
"Er stellt eine Strickfalle auf, weil er denkt, ich sei eine Maus, ich will sie ausreissen und vernichten."

Als er gesungen hatte, riss er sie ein und warf sie fort. Er aber ging in den Garten, sang und sagte:"
Ich, Nacitangala, will fressen."

Als er gefressen hatte, ging er fort. Als der Mann zu seinem Felde kam, fand er, dass der Hase die Falle eingerissen und weggeworfen hatte. Da stellte er eine Erdschollenfalle auf und ging nach Hause. Der Hase kam jedoch wieder zu dem Felde, sang und sagte:
"Er stellt eine Erdschollenfalle auf, weil er denkt, ich sei eine Maus, ich will sie einreissen und vernichten."

Als er gesungen und die Falle eingerissen hatte, ging er auf das Feld, frass Hirse, sang wieder und sagte:"
Ich, Nacitangala, will fressen."

So frass er die Hirse und verliess dann das Feld. Als der Mann auf sein Feld kam, fand er, dass der Hase wieder gefressen hatte.

Da er sich selbst nun nicht mehr helfen konnte, ging er und bat einen Wahrsager um Rat. Dieser sagte ihm:
"Nimm ein Stück Holz und schnitze daraus eine Figur gleich einer Frau, mache auch Brüste daran und verhülle ihren Kopf mit dem Tuche der Erfurcht! Einen Schemel stelle vor sie und daneben ein Gefäss mit Mehlbrei, den du zudecken musst."

Der Mann tat so, wie ihm der Wahrsager gesagt hatte. Dann ging er nach Hause. Als er weggegangen war, kam der Hase auf das Feld und sagte:
"Nun habe ich ihn doch überlistet!"

Als er die einem Menschen ähnliche, aus Holz geschnitzte Figur sah, da dachte er:
"Ich will hingehen und meine Schwiegermutter grüssen!"

Er fand aber, dass sie hölzern war und nicht redete. Da dachte er:
"Ich will den Mehlbrei aufdecken!"
Und so tat er auch. Er grüsste sie wieder, aber er fand, dass sie stumm blieb. Da sagte er:
"Ach so, sie will, dass ich etwas von dem Mehlbrei esse."

Da ass er davon, kaute etwas, tat es auf ein Baumblatt und reichte es ihr hin.

Er versuchte wieder, sie zu grüssen, aber er fand, dass sie stumm blieb. Da sagte er:
"Ich will den ganzen Mehlbrei aufessen!"

Da ass er ihn auf. Er versuchte wieder zu grüssen, aber er fand, dass sie nicht antwortete. Da stieg er auf den Stuhl. Der aber war mit Vogelleim bestrichen, und dieser hielt ihn fest. Da sagte er:
"Ich will sie schlagen."

Da gab er ihr eine Ohrfeige. Seine Hand jedoch blieb kleben. Da sagte er:
"Ich will ihr mit der anderen eine Ohrfeige geben."

Da gab er ihr eine, aber die andere Hand blieb auch kleben. Da stiess er sie mit den Beinen, aber auch sie blieben kleben. Da stiess er sie mit der Brust, und sie blieb auch kleben. Da dachte er:
"Ich will sie beissen."

Da biss er, doch die Zähne blieben auch kleben. Da kam am nächsten Morgen der Mann und fand, dass der Hase gefangen war. Er machte ihn los und gab ihn seinem Sohn, indem er sagte:
"Nimm den Hasen und bringe ihn nach Hause senge ihm am Feuer die Haare am Feuer ab, und mache mir die Leber zurecht, lege sie an die Herdstelle!"

Der Sohn nahm den Hasen und ging mit ihm nach Hause. Unterwegs sagte der Hase zu dem Jungen:
"Was sagte dir dein Vater?"
"Mein Vater sagte mir: 'Gehe und senge dem Hasen die Haare am Feuer ab, die Leber mache für mich zurecht und lege sie an den Herd!'"

"Wie es scheint, willst du eure Verwandten töten. Dein Vater sagte: 'Schlachte dem Hasen den Hahn!'"

Als sie nach Hause gekommen waren, da schlachtete der Junge den Hahn. Der Hase ass ihn und wurde satt. Darauf sagte er:
"Gib mir eine Schlafmatte, ich will in der Veranda schlafen, im Hause habt ihr zu viel Rauch."

Und der Knabe gabe sie ihm.

Der Hase nahm die Matte und überlegte, was er tun solle, indem er sagte:
"Er kommt, um mich zu töten."

Als er überlegt hatte, holte er einen Stein und wickelte ihn in die Schlafmatte, die er in die Veranda gelegt hatte. Er selbst legte sich ausserhalb des Hauses auf ausgebreitetes Gras.

Nach einiger Zeit kam der Vater nach Hause und sagte:
"Wo hast du die Leber des Hasen hingetan?"
Da antwortete der Sohn und sagte:
"Bist du es nicht, der dem Hasen gesagt hat, ich solle ihm den Hahn schlachten, den du den Ahnen geopfert hast?"

Da erschrak der Vater und sagte:
"Wo ist der Hase?"
Der Junge antwortete:
"Der liegt auf der Veranda und schläft in der Matte."

Da beruhigte der Vater seinen Sohn und sagte:
"Sei still!"

Und er nahm eine Axt und schlug auf den Stein. Der Hase aber rief:
"Du hast dich verschluckt!"

Und er lief endgültig fort.

Quelle: Afrikanische Märchen, rororo-Verlag (Reihe Diederichs Märchen der Weltliteratur)

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