Das Ostertier

Es ist bestimmt ein paar hundert Jahre her oder gar länger, da wusste man noch nicht so recht, wer den Kindern zu Ostern die Ostereier bringen sollte. Deshalb kamen die Tiere des Waldes, des Feldes und des Bauernhofs zusammen um das Ostertier zu wählen.
"wir, wir, wir!", riefen sie alle.
Es war ein schrecklicher Lärm. Also, einer nach dem andern!

"Wir", so riefen die Schnecken,
"wir kennen alle Plätze,
wir können alle Schätze
als Osterschnecken
am besten verstecken!"

"Und wenn ihr damit fertig seid, ist es bestimmt schon Weihnachten", bellten die Hunde. "Osterschnecken, wo was Dummes!"
Da schlichen die Schnecken beleidigt davon.
Die Hunde aber richteten sich stolz auf und riefen:

"Osterhunde, flink und schlau,
wir sind nicht so faul!
Tragen die Eier im Maul
und legen sie ins Nestchen, wau!"

"Und bei 'wau' lasst ihr sie fallen und fresst sie auf", grunzten die Schweine. 
"Osterhunde! Unerhört!"
Da kniffen die Hunde den Schwanz ein und machten sich davon.

"Vertrauet uns Osterschweinen!
Vielleicht etwas dick,
dafür österlich schick.
Wir sind das Feinste vom Feinen!"

"Und wer soll die schönen bunten Eier noch anfassen, wenn ihr sie im Schlamm gewälzt habt?", gackerten die Hühner. "Nicht mit uns! Osterschweine, das ist doch lachhaft!"
Da trollte sich die Schweine heim auf den Hof.

"Wir Osterhühner,
wir nämlich hingegen,
verstehn was vom Leben
und wissen, wie man Eier versteckt!"

"Und dann setzt ihr euch womöglich darauf und wollt sie ausbrüten", muhten die Kühe. "Osterhühner, Unsinn!"
Da scharrten die Hühner verlegen und gingen heim.
Doch wie den Osterschnecken, den Osterhunden und den Osterschweinen, so ging es auch den Osterkühen. Man befürchtete, sie würden die Ostereiernester schliesslich zertrampeln.
Die Rehe waren zu nervös um als Osterrehe auch nur einen geraden Pinselstrich zu machen.
Die Tauben würden als Ostertauben die Eier ganz bestimmt fallen lassen. Denn sie liessen ja auch sonst einiges fallen.
Die Fische waren zu nass als Osterfische.
Die Gänse würden als Ostergänse ihren Schnabel nicht halten können und alles verraten.
Die Katzen würden als Osterkatzen mit den Ostereiern bloss herumspielen und sie durch die Gegend rollen lassen. Und so ging es auch den übrigen Tieren. Alle waren sie beleidigt und flogen und trotteten, schwammen und watschelten nach Hause.

"Wir, wir, wir!", riefen am Schluss noch die Hasen.
Dann sahen sie sich verwundert um. Da war kein anderes Tier mehr, das "Nein! Blödsinn!" oder Ähnliches rief. Da war sonst überhaupt niemand mehr.
"Ooooosterhaaaase!", rief einer von ihnen. "Osterhase, das klingt doch gut!" Die anderen horchten und nickten schliesslich begeistert. Sie fassten sich fröhlich an den Pfoten und tanzten im Kreis und sangen:

"Wir sind die Osterhasen
mit unsren weichen Pfoten
und unsren süssen roten,
sanften Schnuppernasen.
Es leben hoch wir Osterhasen!"

Quelle: http://www.kirchenweb.at/osterhase/ostern/ostermaerchen2.htm

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